Blauer Himmel, kaum Wolken, traumhaftes Wetter. Musik, Blumen soweit das Auge reicht, Speisen aller Art, Ponyreiten und Polizei. Wo ich bin? Auf dem Jahrmarkt? Fast. Ich bin auf dem Friedhof.
Heute werden die verrotteten Leichen gefüttert. Heute gibt es Happa-happa für den Opa, der schon vor 10 Jahren mit seinen Goldzähnen ins Gras gebissen hat. Ob die Zähne noch zum Kauen reichen? Ich weiß es nicht. Aber eigentlich halten sich Zähne ja immer etwas länger.
Naja, Spaß beiseite. Obwohl – Spaß beiseite ist heute definitiv nicht das Richtige. Schließlich ist das heute hier fast so was wie ein offizieller Feiertag. Aber was wird heute gefeiert? Ganz genau weiß ich es auch nicht. Fest steht jedenfalls, dass heute gefühlt alle Familien von Montemorelos auf den Friedhof gekommen sind, um mit ihrer verfaulten Uroma eine Cola zu trinken oder Tamales zu essen. Heute ist der „Día de Muertos“, der „Tag der Toten“.
Eigentlich ist es wohl so gedacht, dass die Hinterbliebenen alle möglichen Speisen zu den Gräbern bringen und in der Nacht, wenn die Lebenden sich von den Toten getrennt haben, kommen die Untoten aus der Erde und machen sich über die Leckereien her.
Mir wurde allerdings ebenfalls erzählt, dass der Tag oft auch von der ärmeren Bevölkerung genutzt wird, um gratis an Essen heranzukommen. Ob sie dann mit den Toten zusammen essen oder den Gerippen und Skeletten eine verpassen, weiß ich nicht. Aber es wäre wahrscheinlich auf jeden Fall interessant, das herauszubekommen. Wenn ich nachts nicht schlafen müsste, wäre ich auch direkt dabei.
Farbenfroher Friedhof
Interessant zu sehen, wäre bestimmt auch, was die Verbrannten in ihren Urnen machen. Dürfen sie nichts essen, nur weil man sie – im besten Fall nach ihrem Tod – verkokelt hat? Das wäre unfair. Sie konnten sich ja nicht mehr wirklich wehren. Oder spielen sie Phönix?
Aber um eines klarzustellen: Der hier eventuell verwendete Galgenhumor soll den Tag auf keinen Fall ins Lächerliche ziehen. Der „Día de Muertos“ ist ein wichtiger Teil der mexikanischen Kultur. In der Tat ein wirklich beeindruckender und schöner Teil. Um das zu verstehen, muss man ihn aber wahrscheinlich einmal selbst miterlebt haben. Der gesamte Friedhof gleicht einem einzigen Blumenmeer. Überall haben sich die Familien zusammengesetzt, um zu reden, zu feiern und ihrer Verstorbenen zu gedenken.
Strahlendes Weiß zwischen leuchtendem Bunt
Etwas Vergleichbares gibt es in Deutschland wohl nicht. Ich kann jedenfalls sagen, dass ich den Besuch auf dem Friedhof genossen habe. Die mexikanische Kultur etwas besser kennenzulernen, war und ist wie immer mehr als interessant.